Der Verlust der Mitte
Nach der knapp ausgegangenen Mitglieder Befragung der FDP gab es die Hoffnung, es werde sich trotzdem etwas in der Politik bewegen.
Die Ereignisse des letzten Monats deuten aber – trotz vollmundiger Ankündigungen – auf ein ‚Weiter so‘ hin.
Dazu kommt noch, dass die Akzeptanz der ‚Ampel‘ in der Bevölkerung ins Bodenlose fällt, die FDP sinkt auf 3%, wird bei Umfragen in Sachsen sogar unter „Sonstige“ geführt. Das ist selbst verschuldet und tut weh. Gleichzeitig verzeichnet die AfD eine sehr hohe Zustimmung bei den Wählern. Sarah Wagenknechts Partei erhält in Umfragen 2-stellige Prognosen. Die CDU stagniert.
Es ist genau das eingetreten, was wir mit unserer Initiative, die Ampel rechtzeitig zu beenden, verhindern wollten: eine weitere Spaltung der Gesellschaft, verbunden mit einem massiven Vertrauensverlust der Bürger in die Politik.
Diese Spaltung erfüllt uns großer Sorge – waren es früher klare Trennlinien zwischen Rot und Schwarz, ist es jetzt eher eine Zersplitterung.
Das ist ein Grund zur Sorge – und erinnert fatal an ‚Weimarer Verhältnisse‘. Wir wissen alle, wie das ausgegangen ist.
Die Gründe dafür liegen m.E. auf der Hand:
Von der Ampelregierung geht keine einigende Kraft aus – ist ja auch kein Wunder! Hier wird ohne jegliches Gefühl politischer Machbarkeit in der Art des Obrigkeitsstaates, der alles genau weiß, versucht durchzuregieren. Es ist eben keine politisch valide Position, zu behaupten, wir wissen das besser und setzen das durch.
Die Bürger sind zu Recht frustriert.
Viel bedenklicher ist es jedoch, dass die aktuelle politische Landschaft eben keine Alternativen in der ‚Mitte‘ bietet.
Grün und Rot sind getrieben von ihrer Ideologie, die wenig Raum für Pragmatismus lässt.
Die Union zeigt ein eher blasses Profil und die FDP wird – leider zu Recht – als Erfüllungsgehilfe illiberaler Parteien wahrgenommen. Da helfen auch keine vollmundigen Versprechen, in der zweiten Hälfte ‚besser‘ zu werden.
Eine liberale und einigende Kraft der Mitte ist nicht in Sicht. Wundert es da, dass sich Parteien etablieren, die, ebenso wie die Grünen und die SPD auf Glaubensbekenntnisse statt auf pragmatische Politik setzen?
Das in sich widersprüchliche, völkisch geprägte Programm der AfD spricht genau diese Frustrierten an. BSW hat als Programm eine verwirrende Mischung aller Punkte, die irgendjemanden stören – aber kein wirklich geschlossenes Konzept. Und auch Maaßens ‚Werteunion‘ fischt viel zu offensichtlich im Bassin der Unzufriedenen. Dabei werden Positionen von AfD und BSW fröhlich miteinander verquirlt.
Die Gemeinsamkeit dieser 3 Gruppierungen? Sie präsentieren sich alle als Messias – und der hat in der Politik nichts zu suchen – gerne in der Religion, aber die Politik möge uns um Himmels Willen mit einem Messias verschonen. Völlig egal ob Rot, oder Grün oder wie sonst eingefärbt.
Diesen Verlust einer attraktiven und pragmatischen Mitte sehe ich als die größte Gefahr für unsere Demokratie an. Das ist es, was die extremen Positionen ständig ‚füttert‘ und ihnen Menschen zutreibt. Eine wirkliche inhaltliche, politische Auseinandersetzung mit z.B. der AfD findet nicht statt. Es reicht eben nicht, von ‚Brandmauern‘ zu träumen und in konstantem Innuendo zu wiederholen. Das ‚Monster‘ AfD wurde von Anfang an von den ‚etablierten‘ Parteien kräftig gefüttert, die sich nie politisch mit dieser Partei auseinandergesetzt haben. Es ist nicht verwunderlich, dass gerade dadurch die extremen Gruppierungen gestärkt wurden, die eine neue Partei eben auch anzieht. Jetzt ‚haltet den Dieb‘ zu rufen, ist nicht nur naiv, sondern auch kontraproduktiv.
Gleiches gilt auch für die z.T. von Extremisten organisierten Massenproteste ‚gegen Rechts‘ – es ist verstörend, dass eine der Hauptorganisatoren laut verkündet „Dieser verfickte Staat muss gestürzt werden“. Das ist genau das, was diese Heuchlerin der AfD vorwirft – und erinnert in bestürzender Weise an Weimarer Verhältnisse, als Rote und Braune Horden in Straßenschlachten aufeinander losgingen. Wir brauchen ein lautes Bekenntnis gegen Extremismus, egal ob links, rechts oder religiös.
Wir sind bestürzt, mit welcher Leichtfertigkeit von allen Seiten versucht wird, dem politischen Widersacher das Etikett ‚Nazi‘ zu verpassen. Dadurch wird der Horror und die unbeschreibliche Brutalität dieses verbrecherischen Regimes relativiert und letztlich zu etwas Alltäglichem. Das ist niederträchtig und damit werden die Millionen von Opfern verhöhnt.
Wer die Bürger durch eine gute und pragmatische Politik mitnimmt, hat keine Abwehrschlachten gegen wen oder was auch immer zu führen. Es naiv, wenn unser Bundeskanzler von den Deutschen ein klares Votum gegen Rechts erwartet – wo doch der Bürger eine Politik erwarten kann, die die Bürger nicht im Regen stehen lässt und sie damit in die Arme von Extremisten treibt. Im Umfeld einer schwachen Regierung gedeihen solche wirren und gefährlichen Gruppierungen, deren einziges Ziel es ist, ihre Ideologie durchzusetzen und nicht für Deutschland zu arbeiten.
Wir sehen diese Situation aber vor allem als Chance für eine liberale Partei der Mitte
– eine liberale Partei, die sich vom Obrigkeitsstaat verabschiedet,
– die den Nanny Staat zugunsten liberaler Positionen zurückfährt,
– eine liberale Partei, die Wohlstand nicht durch Umverteilung, sondern durch gute Randbedingungen für die Leistungswilligen, für die heimische Industrie und Handwerk schafft,
– eine Partei, die den Verwaltungswildwuchs zurückstutzt und die den Bürgen Vertrauen schenkt, statt sie zu gängeln,
– eine Partei, die eine verlässliche Energiepolitik verfolgt,
– eine Partei, die sich mit ihren Wettbewerbern politisch auseinander setzt statt die ‚Nazi Keule‘ zu schwingen,
– eine Partei, die eine faire, transparente und umfassende Einwanderungssrategie endlich in ein Gesetz fasst, statt an allen Ecken und Enden – getrieben von der AfD – Flickwerk zu liefern.
Wir sind davon überzeugt, dass eine pragmatische und liberale Partei ein Gewinn für Deutschland ist und erfolgreich die Mitte besetzen kann und das auch sollte.
Die FDP könnte eine solche Partei sein – wenn sie den Mut aufbringt, sich auf liberale Werte zu besinnen und eine Fehlerkultur entwickelt, die es ermöglicht, die Ampel in der Rückschau nach 2 Jahren als Fehler zu begreifen statt stur auf einem ‚weiter so‘ zu beharren.
Für eine solche Partei der liberalen Mitte arbeiten wir gerne mit den Parteigremien zusammen. Wir sind von der Notwendigkeit einer liberalen Mitte überzeugt und tragen diese Überzeugung auch in den derzeit laufenden Dialog mit der FDP Führung. Wir werden nur so das verlorene Vertrauen vieler Menschen in die FDP wiedergewinnen.
Georg Nippert, 1. 2. 2024